Dienstag, 31. Juli 2012

Die Kündigung

Das Baby ist wieder putzmunter und erfreut meinen Göttergatten und mich mit seiner strahlenden Lebendigkeit. Wie schön ist es, Eltern zu sein!
Leider genesen wir selbst nicht ganz so schnell, Göttergatte hängt noch in den Seilen, und ich selbst bin auf einmal am ganzen Körper mit einem seltsamen Ausschlag übersät, der an den Händen und Füßen schmerzt. Der Arzt weiß den Ausschlag nicht zu deuten, Windpocken oder Masern sind es nicht, aber ich werde für den Rest der Woche krank geschrieben. Einerseits bin ich froh, fühle ich mich doch noch schlapp und müde. Andererseits verstreichen so die Tage - für die nächste Woche hatte ich mir schon vor Monaten frei genommen, und schließlich muss ich ja noch kündigen...
Das Ganze liegt mir wie ein Stein auf der Seele. Schließlich wage ich mich ans Telefon. Ist nicht schön, ich wollte das meiner Chefin von Angesicht zu Angesicht sagen, aber bevor sich die Sache noch Wochen hinzieht, oder ich mich in die Firma schleppe und meine Kollegen mit diesem seltsamen Virus anstecke, jetzt eben per Telefon.
Meine Chefin ruft mich auf meine Bitte hin zurück, als ich sie nicht erreiche. Jetzt tief durchatmen. Ich sage ihr, dass es mir leid tut, ihr das nicht persönlich sagen zu können, und rekapituliere noch mal in 5 Sekunden die Sache mit der Telearbeit. Und dass ich mich nach einem anderen Arbeitsplatz umgesehen habe und auch einen gefunden habe. Meine Chefin startet einen Rettungsversuch. Ob ich denn da schon zugesagt hätte. Sie könne vielleicht in punkto Telearbeit noch etwas bewirken, wenn sie sagt, dass sie sonst eine wertvolle Mitarbeiterin verliert. Aber was würde das bringen, denke ich mir. Jetzt ein Jahr oder zwei als Sonderregelung durch die Firma laufen? Alle Abläufe in der Firma sind darauf ausgelegt, dass die Angestellten vor Ort sind (wenn sie nicht auf Dienstreise sind). Wenn ich als einzige eine Sonderrolle einnähme, würde das auf Dauer nicht funktionieren. So sage ich das meiner Chefin auch. Was ich nicht sage ist, dass ich mich eben innerlich schon verabschiedet habe. Dass ich mich auf den Neubeginn freue. Auf kürzere Fahrtzeiten in fernerer Zukunft. Dass selbst wenn es jetzt doch klappen würde mit der Telearbeit, ich mich dieser Firma schon nicht mehr verbunden fühle.
Sie trägt es mit Fassung, wenn auch mit Bedauern. Mir fällt ein Stein vom Herzen.
Die schriftliche Kündigung muss ich noch nachreichen. Aber das Schwerste ist erstmal geschafft. Meine erste Kündigung liegt hinter mir.

Sonntag, 29. Juli 2012

Wenn die Eltern krank sind

Als das Fieber vorbei und eine erholsame Nacht vergangen ist (nun ja, da unser Baby wegen Hitze und Nachholbedarf  viel trinken will vielleicht nicht die erholsamste Nacht, aber kein Vergleich zu den Nächten davor), zeigt sich tatsächlich der erste Zahn. Ganz klar, dass wir begeistert sind. Andererseits graut mir: Das wird doch jetzt nicht bei jedem Zahn so eine Infektion geben? Ich hoffe, dass die anderen Zähne weniger rabiat sein werden.
Endlich geht es also unserem süßen Baby wieder besser - die Anspannung lässt nach und so fallen Göttergatte und ich dem selben Virus zum Opfer... schlapp liegen wir mit Gliederschmerzen, Schmerzen beim Schlucken, Übelkeit, Durchfall und Fieber im Bett. Kein Wunder, dass unsere Kleine so geschrien hat, das ist ein ganz fieser Virus! Zum Glück hat auch unser Baby noch etwas Schlafbedarf - das nächtliche Stillen schlaucht allerdings ganz schön, zumal das Wetter uns schwülwarme, stickige Luft beschert, die der Heilung nicht förderlich ist.
In unserem Haushalt nimmt in dieser Zeit das Chaos überhand. Schon vor dem Erkranken unserer Kleinen sah es... mmh, nicht ganz ordentlich aus, da das Putzen vom letzten Wochenende auf ein paar Tage später verschoben wurde und jetzt immer noch aussteht. Wir schleppen uns mühsam in der Wohnung herum, um wenigstens den Fruchtfliegen das Futter zu entziehen und nach zwei durchschwitzten Nächten die Bettwäsche zu wechseln. Danach sind wir schon wieder fix und fertig. Ich plädiere nicht zum ersten Mal für die Anschaffung eines Staubsaugerroboters. Wenn die nur nicht so teuer wären... Jetzt, wo unsere Kleine herausgefunden hat, wie sie von ihrer Spieldecke kugeln kann, sehe ich den Staubmäusen nicht mehr ganz so gelassen bei ihrer Vermehrung zu. Mein Antrag wird leider vorerst wieder abgelehnt und da wir beide kaum durch die Wohung schlurfen können, geschweige denn den Staubsauger schwingen, bleiben die Staubmäuse vorerst wo sie sind.
Zum Glück ist wenigstens Wochenende und wir müssen beide nicht arbeiten... mal sehen, wie es am Montag wird.

Freitag, 27. Juli 2012

Wenn das Baby krank ist

Immerhin kann ich sagen, dass ich das erste gute halbe Jahr, in der unsere Kleine überhaupt nicht krank war, sehr genossen habe und es nicht als selbstverständlich hingenommen habe. Ziemlich jede Woche habe ich mir gedacht: Gut, dass die Kleine gesund ist!
Nun, das konnte ja leider nicht ewig andauern. Glücklicherweise habe ich gerade ein paar Tage frei, als die Kleine am Nachmittag häufiger schreit als gewöhnlich. Ich denke an die Zähne, die teilweise nur noch von wenig Zahnfleisch bedeckt sind und trage sie herum. Gegen Abend bin ich platt, als mein Göttergatte heim kommt, messen wir Fieber. 38,5°C, nun wieder schieben wir es auf das Zahnen. Nach dem Wickeln erbricht sie sich. Vom vielen Schreien, denken wir erst. Wir geben ihr ein Zäpfchen, damit sie schlafen kann. Gegen vier Uhr morgens wacht sie schreiend auf. Ich wickele sie und messe Fieber - 39,4°C. Noch ein Zäpfchen. Sie schläft wieder ein paar Stunden und um 8 Uhr stehe ich mit ihr vor der Tür des Kinderarztes. Erst dort geht mir auf, dass meine Kleine nicht im Mittelpunkt jeden Lebens steht, denn da ich ohne Termin angekommen bin, werde ich erstmal wieder weggeschickt. 10 Uhr solle ich wieder kommen. Das hätte ich mir in der Tat selbst denken können. Da es 20 Minuten Fahrt sind, ärgere ich mich gehörig. Die verbleibende Zeit trage ich die Kleine herum. Um 10 Uhr sind wir wieder beim Arzt. Er spricht von einem Infekt, der gerade herumgeht. Ich denke an den letzten Babykurs... kann nur daher kommen. Außerdem bekommt die Kleine einen Urinbeutel geklebt, in den natürlich nichts hineingeht, als wir wieder daheim sind. Nun wechseln sich Erbrechen und Durchfall ab. Langsam aber sicher schmerzt mein Rücken vom Herumtragen - eigentlich bin ich ja froh, dass sie mit ihrem halben Jahr schon fast 10 kg wiegt, aber wenn man dieses Gewicht den ganzen Tag herumträgt... ein Gewicht, dass noch dazu jammert und weint, wenn man sich auch nur mal setzen möchte? Der Tag zieht sich in die Länge. Als der Urinbeutel endgültig verrutscht ist, fahre ich nochmal hin, lasse einen neuen kleben und nehme vorsichtshalber auch nochmal einen mit. Endlich ist es Abend und Göttergatte wieder daheim. Das Fieber ist auf 39,2°, mehr Zäpfchen möchte ich ihr wirklich nicht geben... wir versuchen es mit Wadenwickel. Die Nacht wird anstrengend wie schon seit vielen Monaten nicht mehr. Länger als eine halbe bis dreiviertel Stunde will die Kleine nicht schlafen, kaum wach schreit sie herzzerreissend, bis sie herumgetragen wird. Trinken möchte sie auch nichts. Sie hängt in meinen Armen wie ein Häufchen Elend und mir blutet das Herz. Stark sein, denke ich, du bist jetzt eine Mama. Aber gar nicht so leicht, wenn man hundemüde ist. Zweimal muss ich meinen Göttergatten wecken, damit er die Kleine trägt, während ich Milch abpumpe. Göttergatte liegt im Gästezimmer und hat einen beneidenswert festen Schlaf. Irgendwann ist es morgen, aber die Kleine will immer noch nicht länger als eine Stunde schlafen. Immerhin zieht sich das Fieber auf unter 39 zurück. Irgendwann rufe ich die Babyflüsterin an, sie empfiehlt mir Ferrum phosphoricum. Ich glaube nicht an Schüssler Salze und das ganze alternative Zeug. Aber: Ich bin so platt, dass ich meiner Kleinen eine aufgelöste Tablette gebe. Die Kleine schlabbert gierig, was auf dem Löffel ist. Danach trinkt sie Wasser. Dann, endlich!, trinkt sie Milch aus der Brust. Und schläft ein. Ich kann es kaum glauben. Den Rest des Tages verschlafen wir beide, am späten Nachmittag klappt endlich auch die Urinprobe und ich fahre nochmal kurz zum Arzt. Die Urinprobe ist leider nicht eindeutig (was auch immer das nun wieder heißen mag) und ich bekomme noch einen dieser Beutel mit. Immerhin ergattere ich auch noch einen Termin für den nächsten Tag. Endlich lächelt die Kleine auch wieder, wie sehr habe ich das vermisst! An die kommenden Krankheiten denke ich lieber nicht und schlafe abends wie ein Stein ein.

Dienstag, 24. Juli 2012

Entscheidung und Schwebezustand

Die Bewerbungsgespräche habe ich also hinter mich gebracht, nur zwei sind in der engeren Auswahl. Welcher würde mir wirklich liegen? Nachdem ich noch einige Nächte darüber schlafe, komme ich zu einem Entschluss. Ich wiederhole:
Stelle Nummer 1, mit sehr guten Karriereaussichten in einer Gruppe, die neu aufgebaut wird und einem männlichen Chef (mit Kind), in einem Fachgebiet, in das ich mich ausführlicher einarbeiten muss als in Stelle 2. Höchstwahrscheinlich in einem sehr männerlastigen fachlich homogenen Umfeld. Ich füge hinzu: schlechter bezahlt als Stelle 2
Oder aber Stelle 2, in der die Karriereaussichten gut aber nicht sehr gut sind, in der es aber eher wie an der Uni zuzugehen scheint und dessen Arbeitsweise mir dementsprechend vertrauter sein dürfte, mit einer weiblichen Chefin (mit Kind), und einem stärker gemischten fachlich breiter gestreuten Umfeld. Eine Stelle, die besser bezahlt ist als Stelle 1.

Und dann denke ich mir: Was spricht für Stelle 1. Sind die Karriereaussichten hier wirklich besser? Das ist doch etwas, was ich nicht beurteilen kann. Warum soll ich Stelle 1 nehmen? Spricht sie mich nur deshalb an, weil ich mir etwas beweisen will? Dass ich  mich schon wieder schnell in ein neues Themengebiet einarbeiten kann? Das weiß ich doch schon. Dass ich mit einer männerlastigen Umgebung zurechtkomme? Nichts anderes habe ich doch die letzten 4 Jahre getan, oder seien wir ehrlich: Seit den Leistungskursen in der Schule. Und: schlechter bezahlt werden als bei Stelle 2? Liegt es vielleicht daran, dass ich mich scheue, die Vorteile in Anspruch zu nehmen, die mir bei Stelle 2 geboten werden? Scheue ich mich davor, die Förderung als Mutter von einer Mutter in Anspruch zu nehmen, scheue ich mich davor, endlich fachlich das zu machen, wofür ich ausgebildet wurde? Scheue ich mich davor, besser bezahlt zu werden? Wie absurd ist das Ganze überhaupt? Wem will ich hier etwas beweisen? Und so sage ich Stelle 2 zu. Und bekomme die offizielle Emailzusage.

Die Tage darauf befinde ich mich in einem Schwebezustand - dort noch nicht angekommen, aber schon halb aufgebrochen. Es ist kein schönes Gefühl, zu einer Arbeitsstelle zu fahren, die man innerlich schon gekündigt hat, aber noch nicht offiziell, da der neue Vertrag noch in Bearbeitung ist. Ich tue, was ich sonst nie auf Arbeit tue. Gucke auf mein privates Smartphone, surfe im Internet. Mache nur noch die Arbeit, die mir Spaß macht, kaufe ganz in Ruhe und ohne Eile beim Bäcker auf dem Betriebsgelände ein. Hetze nicht auf dem Weg zum Milchabpumpen. Ich fühle mich seltsam halb schon nicht mehr zugehörig. Tausendmal denke ich das Kündigungsgespräch durch.  Ich kann es kaum erwarten, den Vertrag auf dem Tisch zu haben und mich zu verabschieden. Dieser Schwebezustand ist nicht schön und ich frage mich, wie das Mitarbeiter aushalten, die innerlich schon gekündigt haben, ohne aber wirklich wechseln zu können. Hoffentlich muss ich das nie herausfinden. So übe ich mich denn in Geduld.

Dienstag, 10. Juli 2012

Betreuung - ein Trauerspiel

Nachdem klar war, dass wir für eine Kinderfrau schlichtweg zu arm sind, waren wir bereits fleißig auf der Suche nach einer Tagesmutter. Nun war ich ja der Meinung, es ganz besonders frühzeitig angefangen zu haben, indem ich bereits während meiner Schwangerschaft beim Tagesmütterverein war und mich habe beraten lassen. Wie abgesprochen schickte ich kurz nach der Geburt meiner Kleinen das ausgefüllte Formular dorthin. Wie bereits berichtet, war das Ergebnis überaus dürftig. Das Kindernest, das wir in Aussicht hatten, hat uns abgesagt. Beim Tagesmütterverein hatte ich inzwischen schon Dutzende Male angerufen - ohne Erfolg. Hieß es am Anfang noch, das ganze sei ja kein Problem, war jetzt auf einmal die Rede davon, dass die Kleine halt doch noch sehr klein sei. Eine Tagesmutter fand sich bis jetzt nicht.
Nachdem ich die letzten Wochen mit Bewerbungen und Bewerbungsgesprächen beschäftigt war, habe ich das Thema zugegebenermaßen auch schleifen lassen. Um heute einen neuen Höhepunkt der Frustration zu erleben. Nachdem ich im Tagesmütterverein weiterhin nicht voran komme, telefoniere ich kurzerhand alle KiTas in Reichweite ab. Es sind 19 Stück. Nicht eine einzige davon macht mir auch nur im Entferntesten Hoffnung. 80 Bewerbungen auf 20 Plätze hier. 150 Kinder auf der Warteliste da. Spontan möchte ich Frau Schröder in die Finger bekommen und sie windelweich prügeln. Aber noch mehr möchte ich mich selber weich klopfen. Warum war ich nur so naiv und habe mich auf das "Das kriegen wir schon hin" dieser Tante aus dem Tagesmütterverein verlassen? Wie blöd kann man sein? Und nun? Ich drucke die Formulare aus und beginne mit dem Ausfüllen. Auch wenn wir wohl jetzt keine Chance mehr auf einen Platz haben - werden wir wenigstens in der Warteschleife versauern.
Und was machen wir, wenn unsere Vollzeit ansteht und wir keine Lösung gefunden haben? Ich mag gar nicht daran denken. Wer Tipps hat, die sind hier dringend von Nöten!

Freitag, 6. Juli 2012

Bewerbungsgespräche 2

Nach den ersten beiden Bewerbungsgesprächen bei der Firma, die mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie warb, stand noch ein drittes bei selbiger Firma an. Inzwischen war mir das Gelände fast schon vertraut. Diese Stelle war im Grunde vorher schon auf dem letzten Platz meiner Wunschliste und das Gespräch bestätigte dieses Gefühl. Fachlich interessant, aber nicht superinteressant. Was ja durch ein tolles Arbeitsumfeld eventuell ausgeglichen werden kann. Aber kann man sich vorstellen, ein 90-minütiges Gespräch mit seinem zukünftigen Chef zu führen, in dem kein Lächeln, keine ironische Bemerkung, kein Scherz fällt? So jemand bierernsten habe ich noch nie erlebt. Zudem dann meine Fragen nach Möglichkeiten zur Telearbeit. Hier ganz, ganz deutliche Reserviertheit - in Ausnahmefällen möglich aber nicht öfter als ein bis zweimal pro Monat. Ein Blick ins Großraumbüro zeigt: Eine Menge ebenso bierernster Männer - alle deutlich älter als ich. Keinen freundlichen Blick - wie fühlt sich nur der Mitarbeiter, mit dem ich das erste Vorgespräch hatte, und der so sympathisch war, hier wohl?
Ich denke noch den ganzen Abend darüber nach und komme am nächsten Morgen zum Schluss: Nicht vom Regen in die Traufe kommen. Bevor ich diesen Job annehme, bleibe ich lieber wo ich bin.
Ein weiteres Gespräch steht an - diesmal ein Telefoninterview bei einer weiteren Firma. Diese wirbt zwar nicht ausdrücklich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ich kenne jedoch jemanden, der dort arbeitet und weiß, dass es dort gut möglich ist. Das Gespräch läuft sehr gut - doch dann: Aufgrund von internen Veränderungen stehe die Stelle so, wie ich sie gefunden hatte, nicht mehr zur Verfügung. Man arbeite daran, aber das werde wohl noch Monate dauern. Man müsse mir der Fairness halber daher raten, eventuell andere Angebote anzunehmen. Man fände meinen Lebenslauf und auch das Gespräch so interessant, dass ich, wenn sich meine berufliche Situation erneut ändern würde, über eine erneute Bewerbung sehr freuen würde. Aha. Als ich das meinem Bekannten erzähle, flucht der. Kein Wunder, dass es immer so lange dauere, bis Stellen besetzt werden! Und deshalb war die Stelle auch nicht im Intranet zu finden. Ich kann nur seufzen. Natürlich hatte ich vor meiner Bewerbung bei der Personalabteilung angerufen und gefragt, ob die Stellenanzeige aktuell sei. War sie wohl trotz gegenteiliger Behauptung schon damals nicht mehr, denn sie findet sich auch jetzt noch darin...

Sonntag, 1. Juli 2012

Bewerbungsgespräche 1

So, inzwischen sind die ersten beiden Bewerbungsgespräche bei der Firma, die ganz ausdrücklich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wirbt, vorbei. Habe zwar noch keine eindeutige Rückmeldung, ob sie mich haben wollen, aber man kann ja trotzdem schon mal berichten und spekulieren.
Gespräch 1 bezog sich auf eine Stelle von dem netten Herren, der mir die flexiblen Arbeitszeiten erklärt hatte, und meinte, wenn Frauen Karriere machen wollten, sollten sie es auch zeigen. Es handelt sich um eine Stelle, die angeblich großes Potential birgt, da sie zu einem Projekt gehört, auf das der Vorstand ein Auge hat. Will man Karriere machen, so hieß es, sei man hier richtig. Beim Gespräch waren gleich drei Herren, eben besagter eventuell zukünftiger Chef, dessen Chef und ein Personaler. Im Grunde lief das Gespräch recht gut, ein paar fachliche Dinge, ein paar überfachliche, und eine Beschreibung meinerseits und dessen, was ich jetzt gerade beruflich machte. Auch hier wieder große Verwunderung, als ich erwähnen musste, dass mir die Telearbeit vom Betriebsrat verboten wurde. Bis jetzt habe ich noch niemanden gefunden, der das nachvollziehen kann.
Nun, haarig wurde es beim Thema Gehalt. Gefragt, ob ich mir zum Thema Gehalt schon Gedanken gemacht habe, sagte ich mal forsch meine Forderung. Dabei war ich davon ausgegangen, dass ich schon ganz gerne mehr verdienen würde als jetzt. Und dass ich ja schließlich jetzt Berufserfahrung habe. Und überhaupt: Ich wollte auf keinen Fall zu den Frauen gehören, die beim Thema Gehalt zu niedrig greifen und sich dann anhören müssen, sie seien ja selbst schuld daran, wenn sie weniger verdienen. Leider scheint das nicht so recht zu klappen. Der Personaler setzt mir ausführlich auseinander, dass ich soviel nicht bekommen kann. Ich gelte in dieser Firma als Berufsanfänger, da mein momentantes Aufgabengebiet anders sei und ich nicht belegen konnte, dass ich in ausreichendem Maße eigenverantwortlich arbeite. Aus Sicht seiner Firma habe ich bisher ein besseres Praktikum gemacht. Und das habe nichts mit Gehalt drücken wollen zu tun. Oder habe ich noch etwas hinzuzufügen? Autsch. Das tut weh. Ich überlege. Leider ist es tatsächlich so, dass ich in meiner momentanen Funktion keine Eigenverantwortung habe. Etwas, das mir noch nicht negativ aufgefallen ist, da ich ja auf ein eigenes Projekt hinarbeite. Und dieses ja auch schon in Aussicht ist. Nur: Bis jetzt eben habe ich noch keine Entscheidung fällen müssen, die das gesamte Projekt hätte gefährden können.
Auf meine Frage, welche Größenordnung denn dann dem Personaler vorschwebe, weicht dieser aus. Da müsse er erst in seinen Tabellen nachsehen. Gut. Was soll man da machen. Ich lasse das Thema erst mal auf sich beruhen und wir fahren im Gespräch fort. Schließlich werde ich hinaus begleitet von meinem eventuell zukünftigen Chef. Er meint, ich sei da jetzt wohl kalt geduscht worden und er finde mich aber trotzdem gut. Verwirrt fahre ich nach Hause. Heißt trotzdem, trotzdem wie in "das war wohl nichts" oder trotzdem wie in "auch wenn die Gehaltsfrage nicht zu Ihrer Zufriedenheit läuft"...? Ich muss mich wohl in Geduld üben. Nicht gerade eine meiner Stärken.
Das nächste Gespräch findet mit besagter Mutter statt, die mir mitgeteilt hatte, sie als Mutter würde mich als Mutter gerne unterstützen. Ein Personaler ist diesmal nicht anwesend. Wir unterhalten uns, im Grunde läuft es ähnlich wie bei Gespräch 1. Nur, dass ich hier mehr über den Inhalt erfahre und über Projekte, die folgen könnten. Auch hier scheinen die Chancen gut - falls nicht eine Sparmaßnahme ansteht. Ganz klar, hier liegt nicht das Auge des Vorstandes auf dem Projekt. Ein paar Mal reden außerdem meine eventuell zukünftige Chefin und ich aneinander vorbei. Insgesamt läuft es aber gut und ich verlasse das Gespräch mit einem guten Gefühl. Das Gehalt wäre allerdings so hoch, wie die Personalabteilung es einstuft, wobei mir mitgeteilt wird, dass es dann an meiner Chefin läge, es im Laufe der Zeit so weit aufzustocken, wie es die Stelle vorsieht - und die sieht genug vor. Meines Wissens ist das jedoch auch bei der anderen Stelle der Fall - nur, dass es dort keiner erwähnt hat.
Nun also die Preisfrage. Angenommen, ich habe auf beide Stellen eine Chance. Welche nehmen? Und: es folgen ja noch zwei weitere Gespräche, eines davon jedoch bei einer anderen Firma. Ich kann nachts kaum schlafen, so sehr grübele ich nach. Und noch warte ich auf die Erleuchtung. Stelle Nummer eins, mit sehr guten Karriereaussichten in einer Gruppe, die neu aufgebaut wird und einem männlichen Chef (mit Kind), in einem Fachgebiet, in das ich mich ausführlicher einarbeiten muss als in Stelle 2? Höchstwahrscheinlich in einem sehr männerlastigen fachlich homogenen Umfeld?
Oder aber Stelle 2, in der die Karriereaussichten gut aber nicht sehr gut sind, in der es aber eher wie an der Uni zuzugehen scheint und dessen Arbeitsweise mir dementsprechend vertrauter sein dürfte, mit einer weiblichen Chefin (mit Kind), und einem stärker gemischten fachlich breiter gestreuten Umfeld?
Vielleicht nochmal drüber schlafen. Oder hat jemand Tipps?