Sonntag, 17. März 2013

Gold, was glänzt

Ich hatte hier ja schon ausführlich beschrieben, wie ich mit meiner alten Firma nicht zufrieden war, da es dort nicht die Möglichkeit zur Telearbeit / Homeoffice gab, wie ich mich auf die Suche nach einem familienfreundlichen Unternehmen machte und wie ich bei einem anderen Unternehmen gelandet bin.
Alles in allem bin ich sehr zufrieden. Und doch erfahre ich - zum Glück aus zweiter Hand - dass auch hier nicht alles Gold ist, was glänzt. Denn: Eine meiner Kolleginnen ist schwanger. Herzlichen Glückwunsch! Und - ja, sie ist wirklich "krass drauf" - meinem Empfinden nach. Will nach 8 Wochen Mutterschutz wieder in Vollzeit einsteigen. Uff. Ich denke daran, wie ich es hasste, mir Kommentare anzuhören, als ich meine Wiedereinstiegspläne schmiedete (und nach 3 Monaten die Rückkehr in die 20-Stunden Woche durchzog und nach einem Jahr wieder in Vollzeit arbeite). Und ich verkneife mir ein "So früh schon!" denn das wird die Gute noch oft genug hören. Anders als wir es gemacht haben (KiTa nach einem Jahr) möchte meine Kollegin ihr Kind nach 8 Wochen einer Tagesmutter anvertrauen - auch ihr Mann wird weiter in Vollzeit arbeiten. Wow. Ja, jeder soll selbst entscheiden und so. Aber mir wäre das wirklich zu viel. Ich finde es gut, dass mein Mann und ich uns das erste Jahr geteilt haben und unsere Kleine gar nicht in Fremdbetreuung war. Nicht mal bei einem Babysitter für einen Abend. Ich bin auch sehr zufrieden damit, dass unser Baby jetzt nach einem Jahr in der KiTa ist - Vollzeit zu arbeiten mit einem Halbtagesbetreuungsplatz ist zwar organisatorisch ziemlich anstrengend. Aber andererseits bin ich auch sehr froh, auf diese Weise viel Zeit mit meinem Kind zu verbringen - tatsächlich habe ich in diesem Jahr mein Zeitkonto auf plus minus Null gehalten und nicht Überstunden angehäuft, wie es einem schnell passiert, wenn einen nichts externes dazu zwingt, heim zu fahren.
Nunja, aber wie gesagt: Ich verkneife mir jeden Kommentar und lausche dafür ihren Erfahrungen. Die sind tatsächlich nicht sonderlich rosig. So ist sie zu der Stelle, die in der Firma Beratung in Punkto Betreuung und Co gibt. Ihr wurde dort versichert, dass das Gespräch absolut vertraulich sei, und es ganz an ihr liege, wann sie ihre Schwangerschaft ihrem Vorgesetzten mitteile. Da würde man gar nichts weitersagen. Tja. Nur wenige Tage später wurde sie von ihrem Abteilungsleiter mit einem verschmitzten "herzlichen Glückwunsch" begrüßt - und der hat sein Wissen nicht von ihrem Vorgesetzten, der eingeweiht ist, sondern über zwei Ecken von besagter Stelle. Soviel zum Thema Vertrauen - das ist mir bei dieser Geschichte nämlich mal ganz schnell abhanden gekommen. Noch schöner folgendes: Zufällig hat sie gesehen, dass auf ihrem Konto 5 Urlaubstage fehlen. Verwundert rief sie in der zuständigen Stelle an, wo denn die Urlaubstage hin seien? Hachja, die habe man ihr gestrichen, weil sie ja dann für den Rest des Jahres in Elternzeit sei. Elternzeit? Sie habe doch gar keine Elternzeit beantragt und wolle nach dem Mutterschutz wieder kommen. Achja? Nun, da aber die meisten Mütter in Elternzeit gingen, ziehe man in so einem Fall die Urlaubstage standardmäßig ab. Da fällt mir aber nur die Kinnlade herunter. Was bitte, ist dass denn für ein Standardvorgehen, in einem Unternehmen, in dem angeblich Wert auf Gleichberechtigung gelegt wird? Hat man schon mal davon gehört, dass einem Mann, der verkündet, seine Frau sei schwanger, einfach mal Urlaubstage gestrichen werden, weil er ja dann sowieso in Elternzeit geht?
Zudem wird nun massiv auf ihre Arbeitszeit geschaut. Wehe, sie arbeitet zu lange. Wenn man Vollzeit arbeitet, heißt das aber im Grunde nichts anderes als: Flexibilität ade. Wo wäre das Problem, an einem Tag, an dem man sich gut fühlt, Überstunden zu machen, um diese abzugleiten, wenn man sich nicht gut fühlt? Nichts da. Wie ich damals auch schon festgestellt habe: Einer Frau, die schwanger ist, wird jegliche Selbstverantwortung abgesprochen. Als habe sich eine schwangere Frau in ein Wesen verwandelt, das so unmündig ist wie der Fetus in ihrem Leib. Und natürlich nur, weil man das Beste für die Frau will.
Immerhin. Hier habe ich viel gelernt - und meine Kollegin auch. Falls sie noch einmal schwanger werden sollte, wird sie niemandem von ihrer Schwangerschaft erzählen, schwört sie. Da will man seinem Vorgesetzten entgegenkommen für die Planbarkeit, und dann sowas. Ich muss ihr zustimmen. Sollte ich nochmal schwanger werden, dann halte ich die Klappe. Denn wie sollte ich ohne Überstunden überhaupt noch Vollzeit arbeiten, wo mein Mann und ich uns doch mit langen und kurzen Tagen abwechseln müssen, wegen der Halbtagsbetreuung? Das Modell würde zusammenbrechen, wenn ich nicht an einigen Tagen massiv Überstunden machen würde, um sie an den kurzen Tagen abzugleiten.
Wird meine Tochter irgendwann ähnliches erleben? Oder wird sie, wenn ich ihr diese Geschichte erzähle, nur herzlich lachen über die komischen alten Zeiten?

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