Mittwoch, 20. Juni 2012

Jobevent

Da bin ich also - auf der Suche nach dem perfekten Job, der es ermöglicht, Kind und Karriere zu vereinbaren. Obwohl in meinem jetzigen Job vieles sehr gut läuft, fehlt mir die von unserem Betriebsrat untersagte Möglichkeit, flexibel auch von zu Hause aus zu arbeiten.
So stehe ich also auf dem Firmengelände eines großen Unternehmens, das massiv damit wirbt, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen. Mit mir mehr Mitbewerber als ich zählen kann. Und mein Göttergatte, der in der Zeit, in der ich wie in einem Speeddating mehrere kurze Gespräche mit Mitarbeitern aus den Fachabteilungen führen werde, unser Baby bespaßen darf.
Gespräch Nummer 1. Wir beginnen mit einer Erläuterung der Stellenanzeige. Ich werfe immer wieder Verständnisfragen und Anmerkungen ein, um zu zeigen, dass ich zuhöre und auch das meiste verstehe. Es läuft ziemlich gut. Gegen Ende wird es persönlicher. Mein Gesprächspartner arbeitet auch gelegentlich von zu Hause aus, ist Papa und hat 3 Monate Elternzeit genommen. Wenn er davon spricht, strahlen seine Augen. Wir sind uns sympathisch, er kündigt einen Anruf in der nächsten Woche an, um mich zu einem richtigen Bewerbungsgespräch einzuladen.
Gespräch Nummer 2. Es handelt sich um den Herren, der am Vortag über die Frauenquote geschimpft hat. Er stellt mir zwei mögliche Stellen vor und preist diese an. Wenn man Karriere machen wolle, sei man hier richtig, da die Geschäftsführung ein Auge auf besagtes Projekt geworfen habe. Die Chancen zum Aufstieg seien hier gut. Dann platzt es aus ihm heraus: Ob er mir ein Feedback zu meinem Lebenslauf geben dürfe. Verwirrt stimme ich zu. Und fange mir einen Rüffel ein, wie ich denn mit meinen Noten einen solchen Lebenslauf schreiben könne. Er weist auf den letzten Absatz, meine momentane Tätigkeitsbeschreibung. Ich sehe ein, was er meint. Ich bin mal wieder in die Falle getappt, die angeblich viele Frauen begehen (wobei es meiner Meinung nach ein typischer Fehler eines MINT-Absolventen ist): ich habe mein Lichtlein unter den Scheffel gestellt. Um nicht zu sagen in einem dunklen Keller unter den Scheffel gestellt, damit es auch ja keiner sieht. Nun ja, fährt er fort, er habe mich ja trotzdem angerufen, und er werde auch jetzt gleich einen Termin für ein richtiges Bewerbungsgespräch mit mir vereinbaren. Gesagt, getan, hier ist Energie! Ich erinner mich an das Gespräch vom Vortag. Auch hier ein Papa. Er mache jeden Donnerstag schon am Nachmittag Schluss, um seinen Sprössling von der KiTa abzuholen, hat er gesagt. Meeting ist immer an einem festen Tag der Woche vormittags. Flexibles Arbeiten sei gar kein Problem. Ich bin gespannt auf das Bewerbungsgespräch.
Gespräch Nummer 3. Wieder werden mir zwei Stellen vorgestellt. Fachlich gesehen starke Überschneidungen mit Gespräch 1. Als ich die Telearbeit anspreche, wird mein Gegenüber vorsichtig. Vom Alter her auch sicher kein Papa mehr, der seine Kinder von der KiTa abholen muss. Eher einer, der zur Abiturfeier fahren muss. Mehr als ein bis zwei Tage von zu Hause seien aber schwierig meint er. Ich jubele innerlich. Mehr will ich doch gar nicht! Im Gegenteil! Ich versichere ihm selbiges. Er übergibt mich an seine Kollegin, die dann meine Vorgesetzte wäre. Sie ist Mama, sehr angetan und verspricht einen Rückruf. Insgesamt stufe ich meine Chancen hier nicht ganz so gut ein. Aber ich werde eines besseren belehrt: schon am nächsten Tag ruft sie mich an und betont, dass sie als Mutter mich als Mutter gerne unterstützen würde. Und einstellen. Wir vereinbaren einen Termin für ein Bewerbungsgespräch.

Ja, so sieht es aus. Zwei Bewerbungsgespräche fix. Eines davon mit einer Mama. Bin ich im Paradies gelandet? Und was mache ich, wenn mir hier unversehens doch noch die Türe vor der Nase zugeschlagen wird, wo ich mir bereits traumhafte Rahmenbedingungen verspreche? Sind diese Versprechen überhaupt zu halten? Werde ich die Bewerbungsgespräche bestehen? Es bleibt spannend.

1 Kommentar:

  1. Gratuliere! So viele Eltern auf einem Haufen und dann auch noch welche, die in ihrer Rolle nicht exklusiv sein wollen, sondern Gleichgesinnte fördern - viel Glück für die Bewerbungsgespräche!

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