Die zweite Woche, in der ich nicht arbeite, erst einige freie Tage, dann die Krankheit der Kleinen, dann meine eigene. Es wird eine weitere Woche folgen, in der ich Urlaub habe, da mein Göttergatte wegfährt.
An diesem Nachmittag kippt meine Stimmung, als ich bemerke, dass ich die Kleine gestillt habe, obwohl es Zeit für die mittaglichen Breiversuche ist. Es deprimiert mich. Ich fühle mich als Versagerin, so irrational das auch sein mag. Da der Brei schon warm ist, setze ich mir die Kleine auf den Schoss, und versuche sie dennoch zu füttern. Wie zu erwarten war, klappt es nur mäßig gut, schließlich hat sie gerade getrunken. Ich versuche einen weiteren Löffel voller Brei zwischen ihre Lippen zu schieben, als mich ein seltsames Gedankenpotpourri trifft. In einer einzigen Sekunde sehe ich die systemimmanente Gefahr von Situationen, in denen ein Part keine Macht hat, und der andere Part alle Macht. Das Stanford-Prison Experiment seltsam vermischt mit den überhöhten Vorstellungen einer Mutter in unserer Gesellschaft, das Milgram Experiment und die Einsamkeit einer Mutter mit ihrem ersten Kind, wenn der Mann nicht da ist und auch sonst keine Angehörigen in der Nähe leben, Abu Graib und die Aussage "Manchmal weiß ich mir einfach nicht mehr zu helfen". Ich sehe, wie ausgeliefert mir mein kleines Wesen ist, wie vollkommen meine Macht ist. Dieser ganze wirre Gedankenmischmasch dauert nur eine Sekunde. Vielleicht weniger. Er erschreckt mich zutiefst. Ich klopfe den Löffel an der Breischüssel ab und gebe ihn meiner Kleinen zum Spielen. Dann drehe ich sie so, dass ich ihr Gesicht sehen kann und sofort löst sich der Druck. Ich wische ihr den Mund mit dem Lätzchen ab und lege sie auf ihre Spieldecke. Sie strahlt und gluckst mich an. Ich atme tief durch. Schäkere ein bisschen mit ihr. Und räume dann den Esstisch auf.
Es geht alles vorüber - es geht alles vorbei - auch die Tage mit Brei - und viel Geschrei ...mir oder so ähnlich.
AntwortenLöschenMein Gott, Brei. Scheint mir schon so lange her zu sein ;-) Kopf hoch, im Lauf des großen Ganzen ist diese Phase ("es ist nur eine Phase, es ist nur eine Phase") tatsächlich ziemlich kurz.
Die Verletzbarkeit der Kleinen - kann ich gut nachvollziehen die Gedanken. Andererseits: Mein Körper und eine gar nicht mal so große Klinge aus Stahl - wir bleiben wohl verletzbar unser Leben lang ... Wah, morbide Abendgedanken, ich geh jetzt ins Bett!