So, inzwischen sind die ersten beiden Bewerbungsgespräche bei der Firma, die ganz ausdrücklich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wirbt, vorbei. Habe zwar noch keine eindeutige Rückmeldung, ob sie mich haben wollen, aber man kann ja trotzdem schon mal berichten und spekulieren.
Gespräch 1 bezog sich auf eine Stelle von dem netten Herren, der mir die flexiblen Arbeitszeiten erklärt hatte, und meinte, wenn Frauen Karriere machen wollten, sollten sie es auch zeigen. Es handelt sich um eine Stelle, die angeblich großes Potential birgt, da sie zu einem Projekt gehört, auf das der Vorstand ein Auge hat. Will man Karriere machen, so hieß es, sei man hier richtig. Beim Gespräch waren gleich drei Herren, eben besagter eventuell zukünftiger Chef, dessen Chef und ein Personaler. Im Grunde lief das Gespräch recht gut, ein paar fachliche Dinge, ein paar überfachliche, und eine Beschreibung meinerseits und dessen, was ich jetzt gerade beruflich machte. Auch hier wieder große Verwunderung, als ich erwähnen musste, dass mir die Telearbeit vom Betriebsrat verboten wurde. Bis jetzt habe ich noch niemanden gefunden, der das nachvollziehen kann.
Nun, haarig wurde es beim Thema Gehalt. Gefragt, ob ich mir zum Thema Gehalt schon Gedanken gemacht habe, sagte ich mal forsch meine Forderung. Dabei war ich davon ausgegangen, dass ich schon ganz gerne mehr verdienen würde als jetzt. Und dass ich ja schließlich jetzt Berufserfahrung habe. Und überhaupt: Ich wollte auf keinen Fall zu den Frauen gehören, die beim Thema Gehalt zu niedrig greifen und sich dann anhören müssen, sie seien ja selbst schuld daran, wenn sie weniger verdienen. Leider scheint das nicht so recht zu klappen. Der Personaler setzt mir ausführlich auseinander, dass ich soviel nicht bekommen kann. Ich gelte in dieser Firma als Berufsanfänger, da mein momentantes Aufgabengebiet anders sei und ich nicht belegen konnte, dass ich in ausreichendem Maße eigenverantwortlich arbeite. Aus Sicht seiner Firma habe ich bisher ein besseres Praktikum gemacht. Und das habe nichts mit Gehalt drücken wollen zu tun. Oder habe ich noch etwas hinzuzufügen? Autsch. Das tut weh. Ich überlege. Leider ist es tatsächlich so, dass ich in meiner momentanen Funktion keine Eigenverantwortung habe. Etwas, das mir noch nicht negativ aufgefallen ist, da ich ja auf ein eigenes Projekt hinarbeite. Und dieses ja auch schon in Aussicht ist. Nur: Bis jetzt eben habe ich noch keine Entscheidung fällen müssen, die das gesamte Projekt hätte gefährden können.
Auf meine Frage, welche Größenordnung denn dann dem Personaler vorschwebe, weicht dieser aus. Da müsse er erst in seinen Tabellen nachsehen. Gut. Was soll man da machen. Ich lasse das Thema erst mal auf sich beruhen und wir fahren im Gespräch fort. Schließlich werde ich hinaus begleitet von meinem eventuell zukünftigen Chef. Er meint, ich sei da jetzt wohl kalt geduscht worden und er finde mich aber trotzdem gut. Verwirrt fahre ich nach Hause. Heißt trotzdem, trotzdem wie in "das war wohl nichts" oder trotzdem wie in "auch wenn die Gehaltsfrage nicht zu Ihrer Zufriedenheit läuft"...? Ich muss mich wohl in Geduld üben. Nicht gerade eine meiner Stärken.
Das nächste Gespräch findet mit besagter Mutter statt, die mir mitgeteilt hatte, sie als Mutter würde mich als Mutter gerne unterstützen. Ein Personaler ist diesmal nicht anwesend. Wir unterhalten uns, im Grunde läuft es ähnlich wie bei Gespräch 1. Nur, dass ich hier mehr über den Inhalt erfahre und über Projekte, die folgen könnten. Auch hier scheinen die Chancen gut - falls nicht eine Sparmaßnahme ansteht. Ganz klar, hier liegt nicht das Auge des Vorstandes auf dem Projekt. Ein paar Mal reden außerdem meine eventuell zukünftige Chefin und ich aneinander vorbei. Insgesamt läuft es aber gut und ich verlasse das Gespräch mit einem guten Gefühl. Das Gehalt wäre allerdings so hoch, wie die Personalabteilung es einstuft, wobei mir mitgeteilt wird, dass es dann an meiner Chefin läge, es im Laufe der Zeit so weit aufzustocken, wie es die Stelle vorsieht - und die sieht genug vor. Meines Wissens ist das jedoch auch bei der anderen Stelle der Fall - nur, dass es dort keiner erwähnt hat.
Nun also die Preisfrage. Angenommen, ich habe auf beide Stellen eine Chance. Welche nehmen? Und: es folgen ja noch zwei weitere Gespräche, eines davon jedoch bei einer anderen Firma. Ich kann nachts kaum schlafen, so sehr grübele ich nach. Und noch warte ich auf die Erleuchtung. Stelle Nummer eins, mit sehr guten Karriereaussichten in einer Gruppe, die neu aufgebaut wird und einem männlichen Chef (mit Kind), in einem Fachgebiet, in das ich mich ausführlicher einarbeiten muss als in Stelle 2? Höchstwahrscheinlich in einem sehr männerlastigen fachlich homogenen Umfeld?
Oder aber Stelle 2, in der die Karriereaussichten gut aber nicht sehr gut sind, in der es aber eher wie an der Uni zuzugehen scheint und dessen Arbeitsweise mir dementsprechend vertrauter sein dürfte, mit einer weiblichen Chefin (mit Kind), und einem stärker gemischten fachlich breiter gestreuten Umfeld?
Vielleicht nochmal drüber schlafen. Oder hat jemand Tipps?
Hallo Hannah,
AntwortenLöschendas ist nicht einfach. Ich würde, falls ich die Wahl hätte, immer den Job nehmen, der mich inhaltlich stärker reizt, wenn die Rahmenbedingungen dehnbar genug sind, dass ich es schaffen kann. Aber ich kann es keiner Frau verdenken, die praktisch entscheidet, und zwar danach, was für sie einfacher einzurichten ist.
Viel Erfolg wünsche ich, so oder so! :)
Herzlich, Christine